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Erbrecht

Die Erfahrung, dass die wichtigsten Grundsätze des Erbrechts weithin unbekannt sind und dadurch häufig bei der Vermögensnachfolge im Erbfall schwerwiegende Fehlentwicklungen eintreten, veranlasst mich, die wichtigsten Regeln in Kurzform darzustellen:
  1. Beim Tode eines Menschen geht dessen gesamtes Vermögen mit allen Rechten und Pflichten auf einen Erben oder auf mehrere Erben über.
  2. Wenn der Erblasser den Erben oder die Erben nicht durch ein Testament oder einen Erbvertrag bestimmt hat, entsteht in aller Regel eine Erbengemeinschaft, d. h. eine Mehrheit von Personen als Rechtsnachfolger. Dies sind bei einer Ehe mit Kindern der überlebende Ehegatte mit den Kindern und im Falle einer Ehe ohne Kinder der überlebende Ehegatte mit den nächsten Verwandten des Erblassers. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass Pflichtteilsrechte gemeinschaftlicher Abkömmlinge auch schon beim Tode des ersten Elternteils bestehen.
  3. Die Erbengemeinschaft ist kein Dauerzustand. Sie muss durch Erbteilung auseinandergesetzt werden. Diese Auseinandersetzung kann von jedem Miterben jederzeit verlangt werden, notfalls im Wege der Teilungsversteigerung. Sind die miterbenden Kinder noch minderjährig, so werden ihre Interessen durch das Vormundschaftsgericht, gegebenenfalls durch gerichtlich bestellte Pfleger, gegenüber dem überlebenden Elternteil wahrgenommen.
  4. Bei der Auseinandersetzung sind die einzelnen Vermögensgegenstände mit ihrem tatsächlichen Zeitwert anzusetzen, z. B. ein Hausgrundstück mit seinem Verkehrswert. Dies kann, bei den meist gegebenen hohen Verkehrswerten, dazu führen, dass der überlebende Ehegatte nicht in der Lage ist, die erforderlichen Her-auszahlungen an die Miterben zu leisten, so dass er das Haus nicht halten kann.
  5. Wenn die Ehegatten den Wunsch haben, dass beim Ableben eines von ihnen der andere, solange er lebt, im Eigentum und Besitz des Hausgrundstücks bleiben sollte, dann ist dringend die Errichtung einer entsprechenden Verfügung von Todes wegen zu empfehlen. Das Problem ist dem Grunde nach das gleiche, wenn das Hausgrundstück im Eigentum beider Ehegatten steht. Dann fällt der Anteil des verstorbenen Ehegatten in den Nachlass und wird, wenn keine Verfügung von Todes wegen vorliegt, unter den Miterben auseinandergesetzt.
  6. Testamente können privatschriftlich oder durch notarielle Beurkundung errichtet werden. Die Erfahrung zeigt leider immer wieder, dass die meisten privatschrift-lich errichteten Testamente entweder an Formmängeln leiden oder inhaltliche Mängel aufweisen. Wer mit den erbrechtlichen Begriffen nicht vertraut ist, sagt häufig etwas anderes, als er sagen will. Auslegungsschwierigkeiten und Ausein-andersetzungen unter den Erben, u. U. sogar Nichtigkeit der Verfügung, sind dann die Folge. Demgegenüber bietet ein notariell errichtetes Testament die Gewähr:

    1. für die formelle Richtigkeit und für die Geschäftsfähigkeit des Erblassers,
    2. für die rechtlich klare und sichere Gestaltung zur Vermeidung von Gerichts-streitigkeiten über die Auslegung des Testamentes,
    3. für eine steuerlich sinnvolle Vermögensnachfolgeregelung,
    4. für die sichere Verwahrung: das Testament kann nicht vergessen werden oder verloren gehen und es kann auch nicht von jemand, dem der Inhalt nicht gefällt, beseitigt werden; das Testament ist registriert und wird nach dem Eintritt der Erbfolge gerichtlich eröffnet.
    Hinzu kommt bei einem notariellen Testament der Vorteil, dass es für Gerichtszwecke (Grundbuchberichtigung) das spätere Erbscheinsverfahren mit seinen zu-mindest gleich hohen, meist jedoch höheren Kosten überflüssig macht.
  7. Erbverträge können durch notarielle Beurkundung errichtet werden. Sie ermöglichen den Beteiligten, insbesondere Ehepartnern, gegenseitige Verfügungen mit bindender Wirkung zu treffen und damit die durch die Ehe begründete Bindung durch eine entsprechende Vermögensnachfolgeregelung zu ergänzen.
  8. Es gibt sehr viele rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten für die Vermögensnachfolge. Ein eingehendes fachliches Gespräch, unter Darlegung Ihrer persönlichen Vorstellungen, kann dazu helfen, die richtige Entscheidung im Verantwortungsbewusstsein für die Zukunft Ihrer Familie zu treffen.
Gesetzliche Erbfolge
Sofern kein Testament oder Erbvertrag errichtet ist gilt die gesetzliche Erbfolge.

Hiernach sind Erben erster Ordnung zunächst die Abkömmlinge, dann anstelle der er-sten Ordnung die Eltern und die Geschwister (2. Ordnung). Sollten auch keine Erben 2. Ordnung vorhanden sein, treten Großeltern sowie bei deren Wegfall Geschwister der Eltern (Erben 3. Ordnung) an ihre Stelle. Erben 4. Ordnung sind die Urgroßeltern sowie Geschwister der Großeltern.

Eine Ordnung schließt die anderen nachgehenden Ordnungen von der Erbfolge aus.

Der Ehegatte erbt im Wege gesetzlicher Erbfolge wie folgt:

Der gesetzliche Erbteil richtet sich danach, neben welcher Ordnung der Ehegatte erbt:

Gemäß § 1931 Abs. 1 BGB erbt der überlebende Ehegatte neben Verwandten der 1. Ordnung zu ¼, neben Verwandten der 2. Ordnung oder neben Großeltern die Hälfte der Erbschaft als gesetzlicher Erbe.

Der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft sieht vor, dass der gesetzliche Erbteil des Ehegatten pauschal um ¼ erhöht wird, so dass der Ehegatte neben Abkömmlingen (Erben 1. Ordnung) zur Hälfte gesetzlicher Erbe ist.

Pflichtteil
Der Ehegatte, die Kinder und die Eltern als übergangene gesetzliche Erben erhalten einen Pflichtteil. Dieser beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.

Der Pflichtteil kann nur bei schweren Verfehlungen des Pflichtteilsberechtigten entzo-gen werden.

Testament/Erbvertrag
Der Grundfall eines Ehegattentestamentes (sog. Berliner Testament) sieht vor, dass die Ehegatten sich zunächst zu gegenseitigen Erben einsetzen und erst nach dem Tode des Längstlebenden die Abkömmlinge zu Erben eingesetzt werden.

Sollten die Kinder nach dem Erstverstrebenden den Pflichtteil verlangen, so werden sie automatisch nach dem Längstlebenden auf den Pflichtteil gesetzt (sog. Pflichtteilsstrafklausel).

In einer eingehenden Beratung ist zu klären, ob der überlebende Ehegatte berechtigt ist, die Erbeinsetzung der Abkömmlinge bzw. deren Quoten untereinander zu ändern. Ins-besondere ist zu klären ob der neue Ehegatte die Möglichkeit haben soll, auch zugun-sten anderer Personen, beispielsweise eines neuen Ehegatten, Verfügungen von Todes wegen zu treffen.

Insoweit ist auch möglich die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft, bei der der Nachlass zunächst dem Vorerben und mit dem Tod des Vorerben dem Nacherben bin-dend zugewandt wird. Insoweit wird ausgeschlossen eine neue Verfügung von Todes wegen des Überlebenden (des Vorerben) zugunsten dritter Personen und wird ausge-schlossen ein Pflichtteilsanspruch eines etwa neu hinzutretenden Ehegatten hinsichtlich des Nachlasses des Erstverstorbenen.

Weiterhin kann eine Testamentsvollstreckung angeordnet werden, beispielsweise für die Erbauseinandersetzung unter den Miterben sowie für den Fall der Verwaltung des Nachlasses bis zur Volljährigkeit eines Miterben. Hierdurch kann beispielsweise auch das Verfügungsrecht des geschiedenen Ehegatten über ein minderjähriges Kind des Erb-lassers ausgeschlossen werden.

Erbausschlagung
Eine Erbausschlagung ist nur möglich innerhalb einer Ausschlagungsfrist von 6 Wochen ab Kenntnis von dem Erbanfall.

Sofern der Erblasser sich bei Fristbeginn im Ausland aufgehalten hat oder der Erblasser den letzten Wohnsitz im Ausland hatte, beträgt die Ausschlagungsfrist 5 Monate.

Rechtsfolge einer Erbausschlagung ist, dass die Erbschaft dem nächstberufenen Erben anfällt.

Erbschein
Der Erbschein legitimiert den Erben, der nur unter Vorlage des Erbscheines eine Grundbuchberichtigung oder eine Änderung von Konten vornehmen kann. Liegt ein notarielles Testament bzw. ein notarieller Erbvertrag vor, ist ein Erbschein zur Grundbuchberichtigung nicht erforderlich. Sofern eine notarielle Verfügung von Todes wegen vorliegt, ist somit vor Beantragung eines Erbscheines zu klären, ob Banken entgegenkommenderweise auf die Vorlage eines Erbscheines verzichten.

Bei gesetzlicher Erbfolge sind sämtliche die Erbfolge beweisenden Personenstandsur-kunden (Sterbeurkunde des Erblassers sowie Geburts- und ggf. Heiratsurkunden seiner Kinder und Heiratsurkunden des Ehegatten) vorzulegen). Sofern eine Person vor dem Erbfall als gesetzlicher Erbe durch Vorversterben weggefallen ist, ist dessen Sterbeurkunde ebenfalls vorzulegen.

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